Angst verstehen und überwinden

Über die Natur der Angst und wie wir lernen, mit ihr zu leben statt gegen sie zu kämpfen

Angst gehört zum Menschsein wie das Atmen. Sie hat unsere Vorfahren vor Säbelzahntigern geschützt und warnt uns heute vor Gefahren im Strassenverkehr. Das Problem beginnt, wenn die Angst sich verselbständigt. Wenn sie nicht mehr als Warnsignal dient, sondern als ständiger Begleiter das Leben einschränkt.

Etwa jeder fünfte Mensch erlebt im Laufe seines Lebens eine Angststörung, wie die Schweizerische Gesellschaft für Angst und Depression dokumentiert. Die Dunkelziffer liegt vermutlich höher, denn Angst ist noch immer mit Scham behaftet. Dabei verdient, wer seine Angst anerkennt und sich ihr stellt, Anerkennung. Das braucht echten Mut.

Panik Ruhe Der Weg ist das Ziel

Die Biologie der Angst

Angst ist zunächst eine körperliche Reaktion. Das autonome Nervensystem schaltet in den Kampf oder Flucht Modus. Das Herz schlägt schneller, die Muskeln spannen sich an, die Atmung wird flacher. Diese Reaktionen waren für unsere Vorfahren überlebenswichtig. Doch unser Gehirn unterscheidet nicht zwischen einem echten Tiger und der Angst vor einer Präsentation.

Das Verständnis dieser biologischen Grundlagen ist der erste Schritt zur Veränderung. Wer weiss, dass sein rasendes Herz keine Gefahr signalisiert, sondern eine evolutionär geprägte Reaktion auf wahrgenommene Bedrohung ist, kann beginnen, anders damit umzugehen.

"Der grösste Feind der Angst ist nicht der Mut. Es ist die Akzeptanz."

Vom Kampf zur Kooperation

Die meisten Menschen versuchen instinktiv, ihre Angst zu bekämpfen. Sie vermeiden angstauslösende Situationen, versuchen die Gedanken zu unterdrücken oder betäuben sich mit Ablenkung. Kurzfristig funktioniert das. Langfristig verstärkt es die Angst nur.

Ein anderer Weg ist die Kooperation. Die Angst nicht als Feind zu betrachten, sondern als Teil von uns, der gehört werden möchte. Was will mir meine Angst sagen? Welches Bedürfnis steckt dahinter? Diese Fragen können zu erstaunlichen Einsichten führen.

Vermeidung Konfrontation Schrittweise Annäherung

Wege aus der Angst

Es gibt verschiedene evidenzbasierte Ansätze, die bei Angststörungen helfen. Die Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen empfiehlt unter anderem die kognitive Verhaltenstherapie, die hilft, angstverstärkende Denkmuster zu erkennen und zu verändern. Expositionstherapie ermöglicht es, sich schrittweise den gefürchteten Situationen zu stellen. Achtsamkeitsbasierte Verfahren lehren, Angst zu beobachten, ohne von ihr überwältigt zu werden.

Auch Methoden wie die klinische Hypnose haben sich bei Angststörungen bewährt. Sie ermöglichen einen direkten Zugang zum Unterbewusstsein, wo viele Ängste ihren Ursprung haben. Durch die Arbeit mit inneren Bildern und Suggestionen können alte Muster überschrieben und neue Verhaltensweisen etabliert werden.

Spezialisierte Angebote wie die Programme zur Angstbewältigung in Basel kombinieren verschiedene dieser Ansätze und bieten einen strukturierten Weg aus der Angst. Der erste Schritt ist oft der schwierigste: anzuerkennen, dass man Hilfe braucht.

Der Weg beginnt heute

Angst zu überwinden ist kein einmaliger Akt, sondern ein Prozess. Es gibt Rückschläge und Erfolge, gute und schlechte Tage. Das ist normal. Entscheidend ist die Grundrichtung: Bewegen wir uns auf ein freieres Leben zu oder lassen wir uns von der Angst immer weiter einschränken?

Die gute Nachricht ist: Unser Gehirn ist plastisch. Es kann neue Verbindungen bilden, alte Muster überschreiben, neue Wege bahnen. Jede erfolgreiche Konfrontation mit der Angst stärkt die neuralen Pfade der Zuversicht. Mit der Zeit wird das, was heute noch unmöglich erscheint, zur neuen Normalität.

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